Neue NRW-Projekte im Akademienprogramm: Steinerne Zeugen digital

Über 2.000 jüdische Friedhöfe sind in Deutschland erhalten. Was verraten sie über das jüdische Leben in der Diaspora? Ein Kooperationsprojekt des Steinheim-Instituts an der Universität Duisburg-Essen sowie der Universität Bamberg dokumentiert wichtige Zeugnisse ab der Frühen Neuzeit – auch um dem Verfall zuvorzukommen.

Ein Grabstein wird von einem Strahler beleuchtet.

Verwitterte Inschriften, wie hier auf dem Friedhof Walsdorf bei Bamberg, werden seitlich beleuchtet und damit besser lesbar. Foto: Nathanja Hüttenmeister / Salomon Ludwig-Steinheim-Institut, Universität Duisburg-Essen

Forschende aus Nordrhein-Westfalen und Bayern dokumentieren im Rahmen des Großprojektes „Steinerne Zeugen digital – Deutsch-jüdische Sepulkralkultur zwischen Mittelalter und Moderne – Raum, Form, Inschrift“ ausgewählte jüdische Friedhöfe digital. 35 Friedhöfe, 33.600 Grabmale und über 19.000 Inschriften stehen auf der To-do-Liste. Neben Inschriften erfasst das Team die baulichen Merkmale wie das Material, die Formensprache, den Erhaltungszustand und die räumliche Anordnung der Grabmale. „Mit diesen baulichen Daten können wir ganz neue Forschungsfragen beantworten“, sagt Professorin Dr. Lucia Raspe.

Beispiel für gelungene Koexistenz

Als historische Zeugen besitzen die letzten Ruhestätten jüdischer Gemeinden Seltenheitswert. Die meisten anderen Schriftquellen und Bauten gingen verloren, wann immer Jüdinnen und Juden vertrieben und verfolgt wurden, bis hin zum systematischen Raub und Massenmord während des Nationalsozialismus. Aus Sicht von Lucia Raspe haben die alten Friedhöfe auch eine aktuelle, gesellschaftspolitische Strahlkraft. An diesen Orten lasse sich eine andere deutsch-jüdische Geschichte entdecken, mit Denkanstößen für heutige Debatten um Migration und Integration: „Über lange Zeiträume ist die Koexistenz mit einer prominenten Minderheit friedlich und nachbarschaftlich gelungen. Daraus können wir für das heutige Zusammenleben lernen.“

Projekt auf einen Blick
Beginn der Förderung: 2023
Projektleitung: Prof. Dr. Lucia Raspe, Prof. Dr. Susanne Talabardon, Prof. Dr. Mona Hess
Standort: Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte / Universität Duisburg-Essen (federführend), Institut für Orientalistik und Kompetenzzentrum Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien / Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Hier finden Sie weitere Forschungsvorhaben aus NRW, die im Rahmen des Akademienprogramms, des gemeinsamen Forschungsprogramms der deutschen Wissenschaftsakademien, gefördert werden.