Die Klimakrise ist das aktuelle Thema ihrer Musik
Liebe Frau Bauckholt, Sie sind die Porträtkünstlerin der Wittener Tage. Was bedeutet das genau?
Bei den Wittener Tagen ist es Tradition, dass eine Komponistin oder ein Komponist im Mittelpunkt steht. Von mir werden mehrere Stücke gespielt und es gibt ein Gesprächskonzert, bei dem ich interviewt werde. Als gebürtige Krefelderin, die lange in Köln gelebt hat, besuche ich die Wittener Tage bestimmt seit 40 Jahren. Ich habe dort unglaublich viel Input bekommen. Dass ich jetzt selbst vorne stehe, empfinde ich als besondere Ehre.
Ihr Werk „Aus dem Geröll“ wird in Witten uraufgeführt. Wie fühlt es sich an, wenn ein Stück, das man komponiert hat, zum ersten Mal gespielt wird?
Das ist immer sehr aufregend. Ich sitze im Publikum und werde mit meiner eigenen Arbeit konfrontiert. Manches funktioniert besser als erwartet. Manches funktioniert gar nicht und dann gibt es auch immer neue Aspekte und neue Perspektiven, die ich nicht bedacht hatte. Hinzu kommt, dass die Musikerinnen und Musiker ihr eigenes Verständnis von dem Stück haben und es auf ihre Weise interpretieren. Deshalb ist eine Uraufführung immer eine große Überraschung. Als junge Komponistin wäre ich vor diesem Moment manchmal gerne davongelaufen. Inzwischen kenne ich das Gefühl und kann gut damit umgehen.
Was ist „Aus dem Geröll“ für ein Stück?
„Aus dem Geröll“ beschreibt eine Situation, in der ich mich zurzeit befinde. Kunst hatte immer etwas mit Zukunft zu tun. Im Zuge der Klimakrise vernichtet der Mensch aber seine Lebensgrundlage und damit möglichweise auch seine Zukunft. Wie gehe ich damit um? Müsste ich nicht etwas anderes tun? Diese Fragen verarbeite ich in meinen Klängen, und zwar gemeinsam mit dem Schlagzeugsolisten Dirk Rothbrust. Schlagzeuger waren schon immer meine Protagonisten. Sie haben eine große Sensibilität für neue Materialien und Spielformen. Das passt zu meiner Arbeit, zu meiner Faszination für Geräuschklänge, die außerhalb des normalen Instrumentariums stehen.
„Aus dem Geröll“ ist aber nicht Ihre einzige Uraufführung in Witten, richtig?
Nein, es gibt noch ein weiteres Stück von mir, das in Witten zum ersten Mal gespielt wird, in einer Fassung mit einem Video des Künstlers Eric Lanz. Dabei handelt es sich um das Stück „Solastalgia“. Der Begriff „Solastalgia“ bezeichnet die Wahrnehmung des Verlustes der Umwelt durch Umweltschäden. Auch in diesem Stück beschäftige ich mich also mit der Klimakrise. Es ist gemeinsam mit der Geigerin Karin Hellqvist entstanden. Wir haben die Klänge von schmelzendem Eis mit der Geige imitiert und zu einem Erlebnis gemacht.