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Neue Mitglieder 2022: Dirk Biermann (Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften)

Von der Universität in die freie Wirtschaft und retour: Professor Dr. Dirk Biermann liebt beide Welten. Für einen Antriebsentwickler und Automobilzulieferer holte der Ingenieur alles aus Verbrennungsmotoren heraus. Heute begeistert er sich auch für die E-Mobilität.

Das Bild zeigt Professor Dr. Dirk Biermann in einer Werkhalle. Im Hintergrund sind verschiedene Maschinen zu sehen.
Das Bild zeigt Professor Dr. Dirk Biermann in einer Gesprächssituation.

Zurück in die Zukunft: Acht Jahre war Dirk Biermann für den Automobilzulieferer AVL Schrick tätig, bis er an seine Alma Mater zurückkehrte. Wie es dazu kam, erzählt der Ingenieur im Interview. Fotos: Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste / Engel-Albustin 2022

16 Zylinder, über 400 Stundenkilometer in der Spitze, ein Meilenstein in der Sportwagenentwicklung: In Dirk Biermanns Arbeitszimmer sind Zylinderköpfe und -kurbelgehäuse des Bugatti Veyron 16.4 zu bewundern. „Der leistungsstärkste Pkw-Motor, der je in Serie gebaut wurde“, erklärt der Ingenieur und zeigt stolz die gelaserten Unterschriften seiner früheren Kolleginnen und Kollegen. Das Team schenkte ihm das knapp zwei Zentner schwere Meisterstück 2007 zu seinem Abschied vom Automobilzulieferer AVL Schrick in Remscheid. Acht Jahre war Dirk Biermann dort tätig gewesen, bis er an seine Alma Mater zurückkehrte: als Leiter des Instituts für Spanende Fertigung (ISF) der Technischen Universität Dortmund.

Biermann macht es sichtlich Spaß, Gäste durch die Werkhallen zu führen und zu erklären, was spanende Fertigung nun eigentlich ist. Aus einem Stoffbeutel holt er eine etwa faustgroße Locke aus dunklem Stahl. Solche dicken, spiralförmigen Späne fallen zum Beispiel beim Drehen an. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ISF machen diesen Vorgang berechenbar und entwickeln dafür hochspezialisierte Instrumente und Verfahren. Dazu gehören auch Simulationen: Wann muss die Maschine zum Beispiel langsamer arbeiten, wann kann sie schneller laufen? Das ISF berät Produktionsbetriebe entsprechend, damit sie ihre Fertigung pannenfrei und effizient betreiben können. Dieses Knowhow steckt beispielsweise in den Leichtbauträgern von Airbus-Flugzeugen. Es erlaubt filigranste Bohrungen, etwa um passgenaue Knochenimplantate herzustellen. Ganz andere Dimensionen hat das Prestigeprojekt ITER in Südfrankreich: Der Versuchs-Kernfusionsreaktor benötigt spezielle Zuleitungen. Für deren Herstellung entwickelt das ISF-Team aktuell die geeigneten spanenden Werkzeuge und Prozesse.

Für Technik entflammte Dirk Biermann schon als Teenager, genauer gesagt: für schnelle Fahrzeuge. Mit seinem älteren Bruder schraubte er früh an Mopeds und Motorrädern. Aufgewachsen in einer Musikerfamilie, schlug er mit seiner Studienwahl aus der Art. „Ich habe mich für den Maschinenbau entschieden, weil ich Motoren und Turbinen entwickeln wollte“, erzählt er. „Es war ein großes Glück, dass ich als Hilfskraft ans Institut für Spanende Fertigung gekommen bin.“ Der profane Grund für diesen Schritt, der seine Karriere prägen sollte: Biermann liebte es, Motorräder und Autos zu tunen, und brauchte dafür Geld. Mit der Zeit wurde aus dem Nebenjob eine Herzenssache. Der junge Techniker blieb über das Diplom hinaus, promovierte, lehrte und forschte am ISF, wurde Abteilungsleiter und Oberingenieur.

„Ich habe mich mein Leben lang mit Verbrennungsmotoren beschäftigt und stecke tief drin in diesem Thema. Aber die Zukunft gehört batterieelektrischen Antrieben.“

Einziger Wermutstropfen: Die Leitungsstelle war befristet. Biermann ergriff die Chance, die in seinem Fachbereich auf der Hand liegt, und wechselte in die Industrie: zur AVL Schrick GmbH, einem der weltweit führenden Entwicklungsunternehmen für Antriebssysteme. Dort leitete er Projekte, von denen Auto-Fans nur träumen können. Ein Highlight war die Formel-1-Weltmeisterschaft 2006: Der Spanier Fernando Alonso fuhr im Renault zum Titel – mit einer Nockenwelle von Schrick. Es war für Biermann eine aufregende Zeit, die er nicht missen möchte. „Was wir an der Uni forschen und lehren, wird in der Industrie viel authentischer und greifbarer“, so seine Erfahrung. „Die Arbeit ist zugleich sehr intensiv, mit einer hohen Belastung und vielen Routinen.“ Neben dem Tagesgeschäft wissenschaftlich zu arbeiten, sei schwer gewesen. Dass er irgendwann an die Hochschule zurückkehren würde, war für Biermann ausgemacht. Es sollte aber nicht irgendeine Stelle sein. Als das ISF die Institutsleitung ausschrieb, gelang ihm das Comeback, das er sich gewünscht hatte.

Sein Büro gleicht heute einem kleinen Museum, mit Miniatur-Motorrädern, Auszeichnungen, diversen Hochleistungskomponenten von Formel-1-Motoren und vielem mehr. Auch das Andenken von Bugatti hält Biermann in Ehren, ganz ohne Technik-Nostalgie. „Ich habe mich mein Leben lang mit Verbrennungsmotoren beschäftigt und stecke tief drin in diesem Thema. Aber die Zukunft gehört batterieelektrischen Antrieben“, sagt der 59-Jährige, der inzwischen ein kleines E-Auto fährt und den nötigen Strom mit einer eigenen Solaranlage gewinnt. „Das Drehmoment ist gigantisch. Und auch diese Fahrzeuge müssen wir weiterentwickeln. Sie sollen leichter und effizienter werden. Auch dafür kann ich mich begeistern.“

In der Akademie ist Biermann schon seit Jahren immer wieder zu Gast gewesen, etwa in seiner früheren Rolle als Prorektor für Forschung der TU Dortmund. „Die Vorträge der Kolleginnen und Kollegen sind sehr bereichernd für mich, zum Beispiel aus der Energietechnik und Ökologie“, erklärt er. „Nachhaltigkeit ist nun mal ein sehr vielschichtiges Thema, mit dem sich andere Disziplinen schon länger auseinandersetzen.“