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Neue Mitglieder 2022: Joost-Pieter Katoen (Klasse für Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften)

Professor Dr. Joost-Pieter Katoen leitet an der RWTH Aachen den Lehrstuhl für Software-Modellierung und Verifikation. Er entwickelt Methoden, wie Software im industriellen Bereich auf Fehler hin untersucht werden kann – insbesondere auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt.

Porträt Professor Dr. Joost-Pieter Katoen. Der Informatiker steht in einem langen Flur und blickt in die Kamera.
Porträt Professor Dr. Joost-Pieter Katoen. Der Informatiker schaut auf ein Tablet, das er in den Händen hält.

Reibungslose Software ist sein Fachgebiet: Um mögliche Fehler in einer Software zu finden, entwickeln Katoen und sein Team mathematische, computergestützte Methoden. Fotos: Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste / Engel-Albustin 2022

„Es ist alles eine Frage der Balance“, sagt Professor Dr. Joost-Pieter Katoen. Gerade ist er zurück von einer Islandreise, bei der er einen Vortrag an der Universität Reykjavik mit ein paar Tagen Urlaub verbinden konnte. Die Natur genießen, die Herbstfarben. „Wenn man die Gelegenheit hat, etwas von anderen Ländern zu sehen, ist das wunderschön“, schwärmt der 58-Jährige und ergänzt: „Es hat aber auch Nachteile. Zwei bis drei Monate im Jahr bin ich oft nicht zu Hause. Wenn man dann kleine Kinder hat, muss man schon ein gewisses Gleichgewicht finden.“ Seine drei Söhne sind inzwischen erwachsen.

Weil er weiß, wie herausfordernd es ist, Arbeit und Familienleben miteinander zu vereinbaren, setzt sich der Institutsleiter dafür ein, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an seinem Lehrstuhl ihren Tagesablauf flexibel gestalten können. „Da muss man auch als Chef anpassungsfähig sein. Es geht mir nicht darum, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem bestimmten Zeitfenster da sind. Entscheidend ist für mich, was sie in ihrer Forschung und Lehre schaffen“, sagt er. Für seinen familiengerechten Führungsstil hat der gebürtige Niederländer 2017 die hochschulinterne Auszeichnung „FAMOS für Familien“ bekommen.

„Wenn in solchen kritischen Systemen Fehler passieren, kann das gravierende Konsequenzen haben.“

Reibungslose Prozesse sind Katoens Spezialgebiet. In seiner Forschung ist es Software, die fehlerfrei funktionieren soll, vor allem solche, wie sie zum Beispiel in Autos oder Zügen, aber auch in Raketen oder Satelliten verwendet wird. „Wenn in solchen kritischen Systemen Fehler passieren, kann das gravierende Konsequenzen haben“, erklärt der Informatiker. „Das Gleiche gilt für Roboter, die Ärzte bei Operationen unterstützen.“ Um mögliche Fehler in einer Software zu finden, entwickeln Katoen und sein Team mathematische, computergestützte Methoden. Dabei wird ein Modell der zu überprüfenden Software erstellt, um zu errechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Fehler auftaucht, um welchen es sich handelt und warum er sich ereignet. „Vereinfacht ausgedrückt: Ein Brückenbauer benutzt mathematische Methoden, um zu berechnen, wie eine Brücke sich bei unterschiedlicher Belastung verhält. Wir verwenden mathematische Methoden und Modelle der Software und versuchen die automatisiert durchzurechnen“, so der Wissenschaftler.

Mitte der 1990er promovierte Katoen an der Universität Twente über nebenläufige Prozesse. „Stellen Sie sich vor, Sie haben zwei Geräte, die mit unterschiedlichen Programmen laufen aber gemeinsam ein Ziel bearbeiten müssen. Da ist die Frage, wie kann man sie am besten verzahnen, damit sie untereinander bestimmte Dateien austauschen“, beschreibt er sein damaliges Forschungsfeld. Im Anschluss an seine Promotion ging der Informatiker für zwei Jahre an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, um sich zu habilitieren. „Das war schon die erste Station, bei der ich gedacht habe, es gibt mehr als nur die Niederlande. Es hat mir sehr gefallen damals. Deshalb hatte ich zehn Jahre später wieder Interesse, nach Deutschland zu gehen und dem Ruf nach Aachen zu folgen“, erzählt der Informatiker.

Ein bedeutsamer Moment sei für ihn als junger Forscher gewesen, als sein Chef in Erlangen zu ihm gesagt habe: „Joost-Pieter, es wäre schön, wenn du selbstständig eine Vorlesung hältst und zwar über ein Thema, das wir noch nicht abdecken. Am liebsten eins, was nicht direkt auf deiner Dissertation aufbaut, mit dem du noch einmal Neuland entdeckst.“ Dieser Moment habe ihm die Augen geöffnet, meint Katoen. „Das ist unglaublich wichtig gewesen, dass mit mir jemand mal Klartext gesprochen hat: du hast deine Dissertation gemacht, aber es gibt noch mehr auf der Welt.“

„Dass das so ein Riesenerfolg werden würde, war anfangs gar nicht absehbar für mich.“ 

Aus dem daraufhin erarbeiteten Skript für seine Vorlesung ist ein Buch entstanden, das inzwischen eine der meist zitierten Arbeiten in diesem Bereich ist. „Principles of Model Checking“ lautet der Titel und es handelt sich um ein Lehrbuch für Studierende am Ende des Bachelorstudiums, die sich mit den Grundprinzipien von Modellprüfverfahren bekanntmachen möchten: wie erstellt man ein Modell einer Software und überprüft dieses anschließend. Hunderte Universitäten auf der ganzen Welt arbeiten damit. „Dass das so ein Riesenerfolg werden würde, war anfangs gar nicht absehbar für mich“, sagt Katoen, der heute als weltweit führender Forscher auf dem Gebiet der formalen Methoden mit dem Schwerpunkt auf Modellprüfverfahren gilt. Er erhält Einladungen aus Ländern wie China, Australien oder Argentinien.

Der Forscher kommt aber nicht nur beruflich viel herum. Auf seinem Rennrad legt er im Jahr 5000 bis 8000 Kilometer zurück. „Ich brauche das, um mich zu erholen“, sagt Katoen. So gelingt es ihm auch hier wieder, die Balance herzustellen.