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Neu in der Akademie: Prof. Manos Tsangaris (Klasse der Künste)
Man stelle sich folgende Szene vor: Die Moderatorin Martina Seeber interviewt eine Gruppe alter Radiogeräte. Sie berichten aus ihrem Leben. Sie erzählen, wo sie im Haus oder in der Wohnung gestanden haben und wie es ihnen dort ergangen ist. Die Radios haben auch einen Chor gegründet, der sich regelmäßig einen Battle mit den anwesenden Mikrofonen liefert.
Entworfen hat diese Szene Prof. Manos Tsangaris. Sie ist Teil seines Musiktheaterstücks „Übertragung“, das er für die Wittener Tage für neue Kammermusik 2023 geschrieben hat. Es handelt sich um ein Stationentheater. „Das funktioniert wie eine Kirmes“, erklärt der Komponist. „Das Publikum bekommt einen Plan. Dann entscheidet jeder selbst, was er sich wann anschauen möchte.“
Mal finden sich die Zuschauerinnen und Zuschauer in einer fiktiven Rundfunkaufnahme mit Kammerensemble und überengagiertem Tonmeister wieder. Mal können sie in den Innenraum eines Containers blicken, in den ein Mini-Sendestudio eingebaut wurde. Im 20-Minuten-Takt interviewt der Moderator Michael Struck-Schloen prominente Gäste. Er spricht mit ihnen übers Radio. Im Container nebenan wird unterdessen Radio gehört. Jedenfalls macht das die Frau, die es sich hier zusammen mit ihrem Mann an einem quietschgrünen Küchentisch gemütlich gemacht hat. Er liest Zeitung. Sie singt laut mit.
So unterschiedlich die insgesamt sieben Stationen sind, eines haben sie gemeinsam: Es geht ums Radio. 2023 ist es 100 Jahre alt geworden. Nun soll auch Manos Tsangaris Musiktheaterstück ins Radio übertragen werden. „Ich arbeite gerade an einer Sendung für den WDR“, erzählt der 66-Jährige.
Doch wie bekommt man ein Stationentheater mit Moderatorinnen und Moderatoren, Schauspielerinnen und Schauspielern und jeder Menge Requisiten ins Radio? Natürlich gibt es Liveaufnahmen. Die will Manos Tsangaris aber nur punktuell einsetzen. Ansonsten hat er für die Aufführung Material vorproduziert, das er in die Sendung übertragen kann. „Jetzt operiere ich wie ein DJ. Ich mische die Dinge wild“, erklärt der Künstler. Man könnte auch sagen, er komponiert ein neues Stück. Dieses Mal wird es kein öffentliches Stationentheater, sondern eine Hörfunksendung, die sich jeder privat vor dem heimischen Radio anhören kann, vielleicht auch zusammen mit dem Ehemann am quietschgrünen Küchentisch.
Zur Person
Prof. Manos Tsangaris, geboren 1956, Komponist, Trommler und Installationskünstler, gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des neuen Musiktheaters. Seine Werke werden regelmäßig auf international renommierten Festivals und an Theater- und Opernhäusern aufgeführt. 2009 wurde Manos Tsangaris zum Professor für Komposition an die Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden berufen. Seit 2016 ist er gemeinsam mit Daniel Ott künstlerischer Leiter der Münchener Biennale für Neues Musiktheater.