Neu in der Akademie: Prof. Henrietta Horn (Klasse der Künste)

Der Wunsch nach Klarheit und Genauigkeit hat Prof. Henrietta Horn schon als junge Studentin an der Folkwang Universität der Künste geprägt. Nun macht sie sich als Choreografin und Hochschullehrerin daran, den Folkwang-Gedanken weiterzuentwickeln und weiterzutragen.

Porträtfoto Henrietta Horn
Porträtfoto Henrietta Horn
Porträtfoto Henrietta Horn

Bei Prof. Henrietta Horn entsteht Musik durch Tanz. Bewegungen werden zu Tönen. Dafür braucht es eine besondere Technik. Entscheidend ist für die Choreografin aber etwas anderes. Fotos: Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste / Barbara Frommann 2023

Ein Nachmittag kurz nach Semesterbeginn, ein Proberaum auf dem Campus. Schwarze Rollos sperren die Spätsommersonne aus. „Das ist wegen der Kamera, die Sensoren sind lichtempfindlich“, sagt Henrietta Horn, Professorin für Zeitgenössischen Tanz an der Folkwang Universität der Künste. Im Saal tanzt eine Studentin. Aber es fließt kein Musikstück aus Boxen. Die Tänzerin selbst spielt das Klavier mit ihren Bewegungen, welche die Kamera als Lichtreiz an die Technik überträgt. Die Tonfolge dafür stammt von Thomas Neuhaus, Professor für Musikinformatik und Elektronische Komposition.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist ein Schwerpunkt von Henrietta Horn. Längst hat die Digitalisierung auch im Zeitgenössischen Tanz Einzug gehalten. Ein leichtes wäre es, sich in all den neuen Möglichkeiten zu verlieren. Umso konsequenter wendet Henrietta Horn an, was sie selbst als junge Tänzerin an Folkwang gelernt und später in zahlreichen eigenen Projekten erfahren hat. „Interdisziplinäre Zusammenarbeit heißt, in seiner eigenen Arbeit das Beste zu geben, sie aber gleichzeitig für einen Dialog zu öffnen und auf die Suche nach der Balance zwischen den Disziplinen zu gehen.“ Klarheit und Genauigkeit sind dafür die wichtigsten Instrumente.

Beides beschäftigt Henrietta Horn auch auf ihrem zweiten Arbeitsfeld, dem Umgang mit dem Tanzerbe. „Zeitgenössischer Tanz ist eine zutiefst personalisierte Bewegungskunst, die oft nur in statischen oder beschreibenden Fragmenten erhalten ist. Die Auseinandersetzung damit steht noch ganz am Anfang.“ Henrietta Horn hat sich unter anderem dem „Le Sacre du Printemps“ von Mary Wigman zugewandt: in Aufzeichnungen geforscht, in Bildern gesucht, mit Zeitzeuginnen gesprochen. In Osnabrück bringt sie den Sacre 2013 auf die Bühne zurück. Ihr eigenes Gefühl für historische „Wahrheit“ habe sich dabei auf den Kopf gestellt. „Die Suche nach dem Gewesenen kann immer nur eine Annäherung sein. Es ist eine Interpretation, eine Re-Kreation.“

Tanz als reine Dekoration ist ihr fremd. „What is your idea?“, fragt sie ihre Studierenden und unterstützt dann ihren Weg zur Klarheit in der Vision und zu Genauigkeit im Ausdruck. Darin bietet sich auch eine Antwort auf die Frage an, was menschlich bleibt, wo sich nun künstliche Intelligenz ebenfalls zur Kreation anschickt, sagt Henrietta Horn. „Vielleicht ist es genau die unbedingte Suche nach etwas, von dem man doch nicht mehr als eine vage Ahnung hat.“

Zur Person
Prof. Henrietta Horn-Steinmann wurde 1968 in Berlin geboren. Ihre tänzerische Ausbildung erhielt sie an der Deutschen Sporthochschule Köln und an der Folkwang Universität der Künste. Sie arbeitete als freie Choreographin, Tänzerin und Pädagogin, u.a. in London, Taipei, Tokio, Damaskus, Yaoundé, La Paz, Jakarta und Beirut. Ihre Arbeit ist u.a. ausgezeichnet mit dem Künstlerinnenpreis des Landes NRW. Von 1999 bis 2008 leitete sie das Folkwang Tanzstudio. Seit 2021 hat sie hier die Professur für Zeitgenössischen Tanz inne.