Nachwuchsarbeit in der Akademie: Interview mit Prof. Dr. Gerhard Erker

Prof. Dr. Gerhard Erker ist Professor im Ruhestand am Organisch-Chemischen Institut der Universität Münster und seit 2003 ordentliches Mitglied der Akademie. Neben seiner Arbeit in der Klasse für Naturwissenschaften und Medizin engagiert sich Erker seit 2011 in der Auswahlkommission für das Junge Kolleg, seit 2017 sitzt er ihr vor. Im Interview spricht er über die Nachwuchsarbeit in der Akademie.

Porträtfoto Prof. Dr. Gerhard Erker

Sehr geehrter Prof. Erker, die neue Ausschreibungsrunde für das Junge Kolleg 2023 geht ihrem Ende entgegen, am 15. Mai war Bewerbungsschluss. Was ist in diesem Jahr besonders – Stichwort Humboldtn?

Humboldtn beinhaltet eine bundesweit einmalige Kooperationsvereinbarung zwischen den Universitäten und der Akademie. Sie sieht vor, im Jungen Kolleg der nordrhein-westfälischen Akademie bis zum Jahr 2026 zwölf zusätzliche Kollegplätze einzurichten, die neue Impulse zu Fragen der Nachhaltigkeit im Kontext von Forschung und Hochschulorganisation setzen sollen.

Dies ist eine sehr interessante Entwicklung, da die Universitäten bisher nur über die Kollegiatinnen und Kollegiaten selbst im Jungen Kolleg eingebunden waren. Jetzt sind sie durch dieses Programm, das zunächst mit wenigen Plätzen startet und dann immer weiterwächst, auch direkt involviert. Das Auswahlverfahren bleibt ähnlich wie bisher, aber es sind eben auch Vertreterinnen und Vertreter der Hochschulen dabei und die Bewerberinnen und Bewerber für Humboldtn werden im Vorfeld noch einmal ganz besonders angeschaut. Anders als bisher, ist das Thema „Nachhaltigkeit“ nun ein gesetztes im Jungen Kolleg. Ein Thema aber, das wie ich finde, sehr gut zu der Institution passt.

Das Junge Kolleg ist eine Erfolgsgeschichte. Ich freue mich, dass wir durch die Humboldtn Kooperation das Junge Kolleg noch weiter ausweiten können, das ist eine sehr positive Entwicklung!

Ein besonderer Fokus liegt im Jungen Kolleg auf dem interdisziplinären Austausch. Es treffen junge Forschende und Kunstschaffende, deren Wege sich sonst nicht kreuzen würden, aufeinander. Wie empfinden Sie das Miteinander im Jungen Kolleg?

Sowohl aus Rückmeldungen als auch aus eigenen Beobachtungen weiß ich, dass gerade dieses interdisziplinäre Miteinander sehr erfolgreich ist und sehr gut funktioniert. Vor allem an den Forschungstagen des Kollegs und an den Publikationen wird dies sichtbar.

Bei Zusammenkünften, wie gerade der Jahresfeier oder auch in den Klassensitzungen sehe ich auch immer wieder, wie involviert die Mitglieder des Jungen Kollegs sind. Dies bestärkt mich darin, dass unsere Auswahl der Stipendiatinnen und Stipendiaten die richtige ist.

Das Junge Kolleg als Institution zur Nachwuchsförderung wurde 2006 gegründet. Konnten Sie über die Zeit Veränderungen in den Bewerbungen für das Junge Kolleg feststellen – spiegelt sich in den Arbeiten der Nachwuchsforschenden und -kunstschaffenden auch der „Zeitgeist“ wider?

Die jungen Menschen, die wir in der Auswahljury sehen, sind Expertinnen und Experten ihrer Fachgebiete – natürlich gibt es dort dann jeweils „heiße“ Themen, die von besonderem aktuellem Interesse sind. Ich habe vor allem aber den Eindruck, dass die Arbeit der Stipendiatinnen und Stipendiaten von außerordentlich hoher Qualität ist, die sich nicht an modischen Gesichtspunkten, sondern an generellen Wissenschaftskriterien orientiert.

Sie begleiten das Junge Kolleg und die Kollegiatinnen und Kollegiaten seit Jahren eng. Strahlt die Arbeit des Nachwuchses auch auf die Arbeit der gesamten Akademie?

Man sieht bei den Gelegenheiten, bei denen man sich begegnet, wie sehr das Junge Kolleg Teil der Akademie geworden ist. Die Kollegiatinnen und Kollegiaten können ja auch an den Klassensitzungen teilnehmen, das Kolleg ist einfach wie eine fünfte Klasse in der Akademie geworden, die sich unter anderem auch durch sehr interessante Publikationen und Vorträge ihrer Mitglieder auszeichnet.

Vor allem ist das Junge Kolleg etwas, das für die Akademie sehr wichtig geworden und das deutlich als Institution innerhalb der Akademie anerkannt ist. Es ist immer wieder eine Freude, diese jungen talentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler kennenzulernen – ich glaube, da spreche ich für alle, die mit mir gemeinsam in der Auswahlkommission sitzen.