Die Formierung Europas

Europa war im 12. Jahrhundert politisch tief gespalten. Papst Alexander III. und Kaiser Friedrich I. lagen im Clinch um die Macht. Ein gemeinsames Akademieprojekt an der Universität Würzburg und der RWTH Aachen will das sogenannte Alexandrinische Schisma durchleuchten: Wie verlief der Streit im Detail – und wie gelang es, ihn nach 18 Jahren diplomatisch beizulegen?

War der Kaiser dem Papst untergeordnet? An dieser Frage entzündete sich im Mittelalter ein Machtkampf, der Europa von 1159 bis 1177 in zwei Lager spaltete. Friedrich I., genannt Barbarossa, sah sich auf Augenhöhe mit dem Papst. Er schmiedete eine Allianz gegen Alexander III.. Doch mit der Zeit erodierte die Macht des Kaisers. Alexander setzte sich durch. Von nun an galt das Kirchenoberhaupt als Garant der Ordnung in Europa.

Exemplarischer Fall einer Blockbildung

Der Konflikt und seine Lösung sind aus Sicht des Historikers Professor Dr. Harald Müller, Leiter der Aachener Arbeitsstelle des Akademieprojekts „Die Formierung Europas durch Überwindung der Spaltung im 12. Jahrhundert“, bemerkenswert – und bieten die Chance, politische Konfrontationen grundsätzlich besser zu verstehen: „Wenn sich Machtblöcke erst gebildet haben, lassen sie sich schwer wieder versöhnen. Jeder hat seine Einflüsse aufgebaut. Es gibt doppelte Ordnungsstrukturen, zum Beispiel die Posten der Kardinäle. Will man die Einheit, muss jemand Privilegien abgeben.“

Mit welchen Mitteln die Kontrahenten ihre Gefolgsleute erst an sich banden und am Ende die zahlreichen Interessen ausglichen, ist bis heute nicht genau erforscht. Die Quellen liegen europaweit verstreut in Archiven. Um der Wissenschaft neue Perspektiven zu eröffnen, wird das Projekt Urkunden, Briefe, Chroniken, Inschriften und weitere Quellen zur Amtszeit von Papst Alexander III. auf einer neuartigen Online-Plattform bündeln und frei zugänglich machen. Mit Dr. Tessa Gengnagel hat das Team eine erfahrene Spezialistin vom Cologne Center for eHumanities (CCeH) an Bord.

Projekt auf einen Blick

Beginn der Förderung 2023
Projektleitung Prof. Dr. Martina Giese
Prof. Dr. Harald Müller
Standort Institut für Geschichte der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (federführend)
Historisches Institut / Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen