Steuerprogression: Warum? Wohin?
Prof. Dr. Martin Werding, Universität Bochum
Der Vortrag geht von der Frage aus, inwieweit der Verlauf des deutschen Einkommensteuertarifs und die dahinterstehende Steuersystematik mit Elementen der ökonomischen Theorie begründet werden können oder inwieweit die Einkommensbesteuerung in Deutschland eher auf normativen Erwägungen, ad-hoc-Setzungen und pfadabhängigen Fortschreibungen basiert. Vor diesem Hintergrund wird mit Hilfe von längerfristigen Veränderungen des Tarifverlaufs das Phänomen der „kalten Progression“ sowie ihr Ausmaß beleuchtet. Schließlich werden neuere Überlegungen dazu diskutiert, Effekte steuerlicher Entlastungen verschiedener Art unabhängig von der Progression des Einkommensteuertarifs zu machen.
Prof. Dr. Martin Werding studierte Philosophie an der Hochschule für Philosophie S.J. in München (B.A. 1986, M.A. 1989) und Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians- Universität München sowie an der Universität Passau (Diplom 1991). Er promovierte 1997 an der Universität Passau mit einer Arbeit über ökonomische Grundlagen des „Generationenvertrags“ und habilitierte sich dort 2008 mit Beiträgen über umlagefinanzierte Sozialversicherungen, ihre Auswirkungen auf Fertilitätsanreize und ihre fiskalische Tragfähigkeit. Von 1992 bis 1999 war Werding wissenschaftlicher Mitarbeiter und wissenschaftlicher Assistent an der Universität Passau. Von 1999 bis 2008 arbeitete er am ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München. Ab 2000 leitete er dort den seinerzeit neu gegründeten Forschungsbereich Sozialpolitik und Arbeitsmärkte. 2007 war er Gastprofessor an der Hitotsubashi University in Tokio. 2008 wurde er an die Ruhr-Universität Bochum berufen und ist seither dort Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen in der Fakultät für Sozialwissenschaft sowie kooptiertes Mitglied der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft. Werding ist Fellow des internationalen CESifo Research Network (seit 2000), Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz (seit 2013) und seit 2022 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Feldern öffentliche Finanzen und soziale Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Grundsicherung und Familienpolitik. Daneben befasst er sich mit Fragen der Bevölkerungsökonomie, insbesondere Fertilität und Migration, sowie der Arbeitsmarktpolitik.