Informationen zum Klimawandel – muss die Wissenschaft ihren Ansatz ändern?
Prof. Dr. Michaela Imelda Hegglin, Forschungszentrum Jülich
Viele Jahrzehnte lang wurde der Klimawandel weitgehend in Form von Prognosen über die Zukunft dargestellt. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Projektionen von Klimamodellen. Es ist jedoch klar, dass wir den Klimawandel bereits spüren, und zwar durch immer intensivere Extremereignisse wie Hitzewellen, Waldbrände, und Überschwemmungen, die Menschenleben kosten und wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe verursachen. Die Erdbeobachtung kann die Auswirkungen solcher Ereignisse in Einzelbildern festhalten und dies zusätzlich zu ihrer traditionellen Aufgabe, langsame Veränderungen im Klimasystem aufzuzeigen, zu dokumentieren und zu visualisieren. Die Erdbeobachtung hat somit das Potenzial, nicht nur unsere Auswirkungen auf die Erde zu messen und zu bewältigen, sondern auch den Klimawandel ins Bewusstsein zu rücken und Emotionen zu wecken, die für die Entscheidungsfindung und letztlich für das menschliche Handeln erforderlich sind. In diesem Vortrag werde ich darlegen, dass wir Wissenschaftler die aussagekräftigen Informationen, die wir aus der Erdbeobachtung gewinnen, besser nutzen müssen, um die Menschheit davon zu überzeugen, den Klimawandel in den kommenden Jahren bis Jahrzehnten einzudämmen und sich an ihn anzupassen.
Prof. Dr. Michaela I. Hegglin ist Direktorin am Institut für Energie und Klimaforschung, am Forschungszentrum Jülich. Sie hält eine Professur für Atmosphärenphysik an der Bergischen Universität Wuppertal und eine Professur für Atmosphärenchemie an der Universität Reading (England). Nach Abschluss ihres Diplomstudiums in Umweltnaturwissenschaften (1995 – 2000) und ihrer Promotion in Atmosphärenwissenschaften (2004) an der ETH Zürich, Schweiz, verbrachte sie sieben Jahre als Postdoktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Toronto, Kanada, bevor sie 2012 zur Abteilung für Meteorologie an der Universität Reading, England, wechselte. Dort erhielt sie ein Forschungsstipendium und wurde 2015 zur Dozentin, 2017 zur außerordentlichen Professorin und 2022 zur ordentlichen Professorin befördert. Im März 2022 kam sie im Rahmen der Helmholtz Exzellenzinitiative (Distinguished Professorship Program) an das Forschungszentrum Jülich.
Die Forschungsgebiete von Prof. Hegglin erstrecken sich über verschiedene Bereiche der Atmosphären- und Klimaforschung. Insbesondere widmet sie sich der Chemie und dem Transport in der Atmosphäre, dem stratosphärischen Ozon, der troposphärischen Luftverschmutzung, der Chemie-Klima-Kopplung sowie der Erdbeobachtung mittels Satelliten und In-situ-Messsystemen. Des Weiteren erforscht sie chemische, dynamische und strahlungsrelevante Prozesse in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre sowie die Evaluation von Erdsystemmodellen. Sie hatte Führungspositionen bei Future Earth, dem World Climate Research Programme (WCRP) und den Scientific Assessments of Ozone Depletion der World Meteorological Organisation (WMO) und des United Nations Environment Programme (UNEP) inne und ist derzeit leitende Forscherin der Klimainitiative – Wasser in der Atmosphäre der Europäischen Weltraumorganisation. Sie hat über 70 vielzitierte Fachartikel veröffentlicht, zahlreiche internationale Bewertungsberichte geleitet, mitverantwortet oder mitverfasst und 50 satelliten- oder modell- basierte Datensätze veröffentlicht, die zur Forschung im Rahmen der Klimaberichte des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC AR6) genutzt wurden.