Entdeckung neuer Werkstoffe durch Hochdurchsatz-Experimente: Von kombinatorischer Synthese und Hochdurchsatz-Charakterisierung zu KI-gestützten autonomen Experimenten
Prof. Dr.-Ing. Alfred Ludwig, Universität Bochum
Neue Werkstoffe werden dringend als wichtige Beiträge zur Lösung der großen techno- logischen Herausforderungen unserer Zeit benötigt: Insbesondere werden neue Werkstoffe für die nachhaltige Produktion, Speicherung und Umwandlung von Energie gebraucht, um bestehende Energiesysteme zu verbessern und zukünftige zu ermöglichen. Allerdings stellt die Suche nach neuen Werkstoffen eine gewaltige Herausforderung dar. Neue um- weltfreundliche Lösungen werden dringend gebraucht, um den Folgen des Klimawandels noch rechtzeitig begegnen zu können. Gleichzeitig ist der Suchraum vieldimensional und verlangt deshalb nach effizienten Methoden zur schnellen Entdeckung und Optimierung neuer Werkstoffe. Ein vielversprechender Lösungsansatz umfasst die Herstellung von Materialbibliotheken (kombinatorische Synthese von hunderten Materialien in einem Experiment), deren Hochdurchsatz-Charakterisierung mit automatisierten Methoden und die Kombination dieser Methoden mit Simulation, Datenwissenschaft und Methoden der künstlichen Intelligenz. Diese Methodenkombination wird in Zukunft noch effizientere, autonome Experimente ermöglichen. Besonders vielversprechend für Entdeckungen sind chemisch komplex zusammengesetzte Werkstoffe, die oft als Hochentropie-Materialien bezeichnet werden. Insbesondere für Elektrokatalysatoren, die z. B. in Elektrolyseuren und Brennstoffzellen benötigt werden, bieten die Eigenschaften von Hochentropie-Materialien faszinierende neue Design-Möglichkeiten, die in ihren polyatomaren Oberflächenatom- Anordnungen begründet liegen.
Prof. Dr.-Ing. Alfred Ludwig studierte Maschinenbau an der Universität Karlsruhe mit den Schwerpunkten Materialwissenschaft und Mikrosystemtechnik. 1999 erhielt er von der Universität Karlsruhe den Titel „Dr.-Ing.“ für seine Forschung an nanoskaligen magnetischen Viellagenschichten, durchgeführt am Forschungszentrum Karlsruhe. Danach wechselte er zum Bonner Forschungszentrum caesar, in die „Smart Materials“ Gruppe, wo er magnetoelastische Hochfrequenz-Schichten und -Bauteile entwickelte.
Von 2002 bis 2007 war er Juniorprofessor für „Werkstoffe der Mikrotechnik“ an der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und Leiter der caesar- Forschungsgruppe „Combinatorial Materials Science“. Von 2007 bis 2012 erhielt er eine Heisenberg-Professur der Deutschen Forschungsgemeinschaft für „Werkstoffe der Mikrotechnik“ an der RUB. Seit 2010 ist er Lehrstuhlinhaber an der RUB („Materials Discovery and Interfaces“). Von 2011 bis 2016 war er Koordinator des fakulätenübergreifenden „Materials Research Departments“ der RUB. Er war federführender Antragsteller des neuen Forschungszentrums ZGH (Zentrum für Grenzflächendominierte Höchstleistungswerkstoffe, Forschungsbau, Forschungsgeräte und Personal; > 40 Millionen Euro), das er seit 2019 als wissenschaftlicher Direktor leitet. Er organisiert außerdem den Incubator Materials an der RUB, der Ausgründungs-Aktivitäten fördert.
Seit 2022 ist er Director des Research Center Future Energy Materials and Systems (RC FEMS), ein Forschungsverbund der Universitätsallianz Ruhr. Seine Forschungsinteressen umfassen kombinatorische Materialwissenschaft, Hochdurchsatz-Experimente, Materialinformatik, Mikrotechnik für Materialforschung, nanoskalige Schichten, Funktionswerkstoffe wie Formgedächtnis-Legierungen sowie neue Materialien für Energieanwendungen (z. B. neuartige Elektrokatalysatoren, Materialien für solare Wasserspaltung). Er hat mehr als 270 Artikel in von Expert*innen begutachteten wissenschaftlichen Journalen veröffentlicht.