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Zwischen Lebensschutz und Selbstbestimmung: Präsidiumskommission legt Positionspapier zu assistiertem Suizid vor

Stellungnahme aus der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste beleuchtet ethische Komplexität und konkrete Herausforderungen für den Gesetzgeber bei der Neudefinierung der Sterbehilfe.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 das im Strafrechtrechtsparagrafen 217 festgeschriebene Verbot der „geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Die Präsidiumskommission „Assistierter Suizid“ der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste erarbeitet auf das Urteil hin Perspektiven zum zukünftigen Umgang mit der Sterbehilfe. Das Gremium setzt sich aus zehn hochrangigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Fachgebiete zusammen, welche medizinische, ethische, philosophische, theologische und juristische Expertise einbringen.

Die Kommission veröffentlicht nun ein Positionspapier, das das gesellschaftlich kontrovers diskutierte Thema „Sterbehilfe“ aufgreift. Auf Basis ihrer interdisziplinären wissenschaftlichen Kompetenz leiten die Mitglieder der Kommission Empfehlungen für den Gesetzgeber zur künftigen rechtlichen Regulierung ab. Gleichzeitig soll ein Anstoß zur gesellschaftlichen Debatte um den Umgang mit dem Sterben und Tod angeregt werden.

Das Positionspapier steckt den rechtlichen Rahmen, der aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtet resultiert, ab: Demnach schließt das grundrechtlich verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben mit ein, dies auch mithilfe Dritter. Gleichzeitig wird die besondere Bedeutung der Rechtssicherheit für alle handelnden Personen betont. Eine Situation, in der der Staat sich anmaßen würde, über den Wert eines individuellen Lebens zu entscheiden, wäre ebenso wenig annehmbar wie Unsicherheiten, beispielsweise für beteiligtes medizinisches Personal.

Die Kommission arbeitet in ihrer Stellungnahme drei zentrale Themenfelder heraus: Prävention, Freiverantwortlichkeit und Beratung. Von zentraler Bedeutung sei die Stärkung der Suizidprävention wie auch ein Ausbau von Palliativversorgung, Hospizarbeit und Maßnahmen gegen Vereinsamung, um einer Situation vorzubeugen, in der der Wunsch nach assistiertem Suizid entstehen kann. Die Feststellung der Freiverantwortlichkeit schließt ein, dass Suizidwillige so informiert und beraten werden, dass ihnen alternative Wege und Behandlungsmöglichkeiten hinreichend bekannt sind.. Das Themenfeld der Beratung zielt insbesondere darauf ab, dass Betroffenen eine professionelle, individualisierte und kultursensible Beratung durch multidisziplinäre und interprofessionell zusammengesetzte Teams angeboten wird.

Die Präsidiumskommission definiert, über rechtliche Bestimmungen hinaus, einen besonderen gesellschaftlichen Gestaltungsbedarf: Die Frage, wie selbstbestimmtes Sterben in einer pluralen demokratischen Gesellschaft human gestaltet werden kann, erschöpfe sich nicht in der rechtlichen Regulierung des assistierten Suizids. Vielmehr sei es essenziell, Lebensschutz und Selbstbestimmung im Kontext von Sterben und Tod ethisch verantwortungsvoll miteinander zu vereinen und dabei achtsam die emotionalen Aspekte zu respektieren und in einen gesellschaftlichen Diskurs zu integrieren. Nur so lasse sich der durch das Bundesverfassungsgericht gesetzte normative Rahmen ethisch angemessen ausfüllen.

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Mitglieder der Präsidiumskommission

  • Prof. Dr. Katrin Amunts (Vorsitzende)
    Direktorin des Instituts für Neurowissenschaften und Medizin, INM1, Forschungszentrum Jülich; Professorin für Hirnforschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
    Ordentliches Mitglied der Klasse für Naturwissenschaften und Medizin der Nordrhein-Westfälischen Akademie seit 2017
  • Prof. Dr. Michael Quante (Co-Vorsitzender)
    Professor für Philosophie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
    Ordentliches Mitglied der Klasse für Geisteswissenschaften der Nordrhein-Westfälischen Akademie seit 2016
  • Prof. Dr. Reinhard Emmerich
    Direktor des Instituts für Sinologie und Ostasienkunde der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
    Ordentliches Mitglied der Klasse für Geisteswissenschaften der Nordrhein-Westfälischen Akademie seit 2011
  • Prof. Dr. Dr. Mariacarla Gadebusch Bondio
    Direktorin des Institute for Medical Humanities der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
    Ordentliches Mitglied der Klasse für Geisteswissenschaften der Nordrhein-Westfälischen Akademie seit 2019
  • Prof. Dr. Klaus Ferdinand Gärditz
    Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
    Ordentliches Mitglied der Klasse für Geisteswissenschaften der Nordrhein-Westfälischen Akademie seit 2020
  • Prof. Dr. Ute Habel
    Leiterin der Sektion Neuropsychologie und Leitende Psychologin der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der RWTH Aachen
    Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Neurowissenschaften und Medizin - JARA-Institut „Brain structure function relationships: Decoding the human brain at systemic levels“ am Forschungszentrum Jülich
  • Prof. Dr. Dieter Häussinger
    Professor em. und ehemaliger Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
    Ordentliches Mitglied der Klasse für Naturwissenschaften und Medizin der Nordrhein-Westfälischen Akademie seit 2004
  • Prof. Dr. Wolfgang Löwer
    Professor em. für Staats- und Verwaltungsrecht am Institut für Öffentliches Recht der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
    Ordentliches Mitglied der Klasse für Geisteswissenschaften der Nordrhein-Westfälischen Akademie seit 2006
    Präsident der Akademie seit 2016
  • Prof. Dr. Arnulf von Scheliha
    Professor für Theologische Ethik an der Evangelisch-Theologischen Fakultät und Direktor des Instituts für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
    Ordentliches Mitglied der Klasse für Geisteswissenschaften der Nordrhein-Westfälischen Akademie seit 2019
  • Prof. Dr. Dr. Otmar Schober
    Professor em. und ehemaliger Direktor der Klinik für Nuklearmedizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
    Ordentliches Mitglied der Klasse für Naturwissenschaft und Medizin an der Nordrhein- Westfälischen Akademie seit 1996
    Vizepräsident und Sekretar der Klasse für Naturwissenschaften und Medizin